EUREF - ein Luftschloss löst sich in seine Bestandteile auf
Energieuniversität erscheint obsolet - CO2 Freiheit offenbart sich als Farce
Schon wenige Monate nach der Verabschiedung des Bebauungsplans, mit dem die künftige Bebauung des Geländes rund um den Gasometer geregelt wird, zeigt sich wie wenig Substanz in den hochtrabenden Plänen ein Europäisches Energieforum zu errichten steckt. Damit werden die seit langem geäußerten Sorgen vieler Anwohner und Kritiker des Projektes bestätigt.
Folgende Entscheidungen und Geschehnisse der letzten Monate sind ein deutliches Anzeichen, dass Reinhard Müller, der Projektentwickler, Architekt und Eigentümer des Geländes mit dem Europäischen Energieforum (EUREF) ein Luftschloss gebaut hat, das vor allem dazu dienen sollte, von der Bezirkspolitik einen möglichst gewinnträchtigen Bebauungsplan zu erhalten.
1. Energieuniversität schrumpft zum Institut
Das Herz des EUREF sollte in einer Energieuniversität schlagen. Eine Stiftungsuniversität mit 15 Lehrstühlen, verschiedenen Studiengängen und rund 500 Studierenden sollte rund um das Gasometer entstehen. Internationale Spitzenwissenschaftler aus allen Fachbereichen sollten an der privaten Energieuniversität - für die ein Stiftungskapital von 250 Millionen Euro eingeworben werden sollte - forschen und lehren. Ursprünglich sollte die Bucerius Law School als Kooperationspartner die Universität konzipieren und aufbauen. Nachdem die Bucerius Law School die Partnerschaft im letzten Jahr aufkündigte war das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) von der EUREF AG mit der Erarbeitung einer Konzeption für die Energieuniversität beauftragt worden. Im Frühjahr legte das WZB das Gutachten vor, in dem - unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten - der Rahmen für ein EUREF-Institut dargestellt wird. Von einer Universität ist in diesem Gutachten - mangels realistischer Umsetzungsoption - nicht mehr die Rede. Stattdessen soll ein Institut mit bis zu 20 Mitarbeitern errichtet werden, das Politikberatung, Veranstaltungsmanagement und Weiterbildung anbieten soll. Der Wissenschaftliche Beirat von EUREF hat am 24. April sich dieses Konzept zu Eigen gemacht und beschlossen. Damit ist die angekündigte Energieuniversität wohl mausetot.
Absurd mutet an, dass der Projektentwickler und die EUREF AG in offiziellen Verlautbarungen mittlerweile von einem EUREF-Institut sprechen, jedoch weiterhin behauptet auf dem Weg zur ersten privaten Energieuniversität zu sein. Auch in den Werbefilmchen auf der EUREF-Homepage wird weiter mit 15 Lehrstühlen geworben, obwohl dieses Ziel faktisch längst aufgegeben wurde. Dieses Werben mit längst Verworfenem wirft die Frage auf, ob mit diesem Vorgehen die Öffentlichkeit und die bezirklichen Entscheidungsträger bei der Aufstellung des Bebauungsplansverfahrens in die Irre geführt werden sollten.
2. Angekündigte Stifter für die Stiftungsuniversitäten bleiben im Dunkel
Die EUREF Akteure kündigen seit mittlerweile über einem Jahr an, dass in naher Zukunft mit der Bekanntgabe von Stiftern für die Energieuniversität zu rechnen sei. Stets war davon die Rede, dass es sich dabei um hohe Beträge und besonders solvente Stifter handle. Bis zum heutigen Tag ist jedoch keine belastbare Zustiftung zur Stiftungsuniversität bekannt geworden. Ende August hatte Gerhard Hofmann, Geschäftsführer des EUREF-Instituts und Sprecher der EUREF AG in der Abendschau ausgeführt, dass mittlerweile mehrere Stifter an Bord seien. Diese legten jedoch Wert darauf, dass man sich erst im Herbst gemeinsam erkläre. Nicht mehr mit an Bord ist seit Anfang September Gerhard Hofmann selber. Er trat nach eigenen Angaben "auf Grund unüberbrückbarer Differenzen" von allen seinen Funktionen bei EUREF zurück. Was vor diesem Hintergrund seine oben dargestellte Ankündigung wert ist, wird sich zeigen.
3. Die CO2 Freiheit des Vorhabens offenbart sich als Farce
Ein wichtiges Argument für das Vorhaben rund um das Gasometer war stets die Behauptung des Projektentwicklers, das erste CO2 neutrale Büroquartier Europas zu errichten. Mit diesem Versprechen wurde bei den Bezirksverordneten für den sehr großzügigen Bebauungsplan geworben. Wie Ernst es EUREF mit der Umweltfreundlichkeit ist zeigt sich jetzt an dem Anfang August im Gasometer errichteten Veranstaltungszelt. Dieses Zelt in Form einer Kuppel, das während der Fußballweltmeisterschaft vor dem Reichstag stand, soll in den kommenden Jahren für Veranstaltungen mit bis zu 800 Personen genutzt werden. Die Nutzung ist auch für die kalten Jahreszeiten geplant. Geheizt wird das weitgehend unisolierte Zelt dem Vernehmen nach durch eine Fußbodenheizung. Die Energiebilanz des Zeltes lässt sich an zwei Fingern abzählen. Ökologisch zweifelhaft dürfte es sein, dass bei Veranstaltungen im Winter neben dem Zelt - mangels vorhandener Isolierung - auch die Luft auf der Schöneberger Insel geheizt wird. Von dem Einsatz regenerativer Energien ist auch nicht mehr die Rede.
Diese Beispiele zeigen, dass Ankündigungen und Realitäten im Fall EUREF nicht selten weiter auseinander klaffen. Dies hätte im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans zur Skepsis reichlichen Anlass gegeben. Weite Teile der Bezirkspolitik hatten jedoch schon ganz zu Beginn des Verfahrens jede gesunde Skepsis über Bord geworfen und sich ganz den Plänen des Herrn Müller verschrieben. Der zuständige Stadtrat und die CDU-Fraktion hätten die Wünsche des Projektentwicklers ohne jede Änderung in einen Bebauungsplan gegossen und eine Bebauung des Geländes mit Hochhäusern zugelassen. Durch die SPD wurden etliche Änderungen zum Beispiel an der Bebauungshöhe durchgesetzt und wesentliche Beeinträchtigungen für die Anwohner abgewandt. Mit diesen Änderungen stimmte dann auch die SPD-Fraktion in der BVV Tempelhof-Schöneberg dem Bebauungsplan zu.
Jetzt, da sich Vieles von dem was auch von Lars Oberg im Vorfeld dieses Beschlusses kritisch angemahnt wurde bewahrheitet, bleibt die Frage offen, ob das Bebauungsplanverfahren nicht etwas gründlicher und mit noch stärkeren Vorgaben und Einschränkungen für den Projektentwickler hätte durchgeführt werden müssen. Zwar hat die SPD viele Anwohnerinteressen durchsetzen können, ein fahler Beigeschmack bleibt dennoch, da am Ende des gesamten Verfahrens wohl kein EUREF, keine Energieuniversität und kein CO2 neutrales Vorhaben stehen wird, sondern lediglich eine gigantische Wertsteigerung des Geländes - durch die Ausweisung als Kerngebiet - die Herrn Müller reicher macht die Rote Insel aber nicht wirklich voranbringt.