Rede zum Thema: Charité und Max-Delbrück-Centrum – Zusammenarbeit für Spitzenergebnisse in Wissenschaft und Forschung

Meine Damen, meine Herren! 7 000 Studierende, 13 000 Beschäftigte, 130 000 stationär behandelte Patientinnen und Patienten, mehrere Hunderttausend Patienten insgesamt pro Jahr, 1,2 Milliarden Euro Umsatz und allein 150 Millionen Euro eingeworbene Drittmittel im letzten Jahr – das sind beeindruckende Zahlen, mit denen man die Charité beschreiben kann, ja, beschreiben muss. Diese Zahlen machen auch deutlich, dass die Fragen, wie die Situation der Charité ist, wohin es mit ihr geht, welche Struktur sie in Zukunft haben wird, ganz viele Menschen in Berlin unmittelbar und persönlich betreffen. Die Charité ist – auch wenn man manchmal den Eindruck haben muss – kein wissenschaftspolitisches oder gesund-heitspolitisches Orchideenfach oder ein Feinschmeckerthema, sondern ein Thema von ganz grundsätzlicher Bedeutung für die Zukunft Berlins.
An den genannten Zahlen kann man bereits sehen, in welche Richtung das mit der Bedeutung geht. Die Charité ist das Herz der Gesundheitswirtschaft in Berlin und eine tragende Säule der Lebenswissenschaften. Unsere Charité ist nicht nur eine riesige Chance, sondern auch eine sehr, sehr große Herausforderung – gerade für ein vergleichs-weise kleines Bundesland wie Berlin, das mit seinen begrenzten Mitteln versuchen muss, diese Institution zukunftsfest zu machen.
Die SPD steht seit Jahren dafür ein, dass das Land dieser Herausforderung gerecht wird. Über den Masterplan fließen 330 Millionen Euro an die Charité, mit denen die Infrastruktur saniert und Gebäude erhalten werden. Das ist ein erster großer Schritt, weitere werden folgen müssen. Des Weiteren fließen jedes Jahr 180 Millionen Euro für Forschung und Lehre an die Cha-rité. Das ist ein Betrag, der in den letzten Jahren erstmals wieder aufgewachsen ist.
Ich bin stolz darauf, feststellen zu können, dass diese steigende Tendenz in den nächsten Jahren fortgeschrieben wird. Sie alle wissen – und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Charité haben es am eigenen Leib schmerzhaft erfahren –, es gab zuvor einen harten Konsolidierungskurs, es gab deutliche Einschnitte. Jetzt ist aber eine Grundlage erreicht, von der es wieder aufwärts geht. Mit den steigenden Zahlungen werden wir der Charité, ihrer Größe und ihrer Bedeutung für Berlin gerecht.

Die Bedeutung der Charité reicht aber weit über Berlin und die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg hinaus. Das gilt insbesondere für ihre Forschungskraft und für die von ihr erbrachten Forschungsleistungen. Ganz Deutsch-land profitiert von der Charité, es ist unsere Charité, aber es ist eben auch die Charité des ganzen Landes. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es, dass der Bund seine Bereitschaft erklärt hat, sich dauerhaft an der Finanzie-rung der Charité zu beteiligen.


[Beifall bei der SPD und der CDU]

Es ist klar, die Beteiligung des Bundes wird sich nicht auf die Krankenversorgung beziehen können. Es geht – und darüber sprechen wir heute und in den kommenden Mo-naten – um die Beteiligung des Bundes an der exzellenten Forschung an der Charité. Da liegt es auf der Hand, dass eine solche Beteiligung des Bundes über eine verstärkte Kooperation mit dem Max-Delbrück-Centrum erfolgt. Das Max-Delbrück-Centrum befindet sich zu 90 Prozent in der Finanzierung des Bundes und ist eine der weltweit führenden Einrichtungen der lebenswissenschaftlichen Grundlagenforschung.
Die beiden Berliner Spitzenein-richtungen Charité und MDC näher zusammenzubringen, die Aktivitäten abzustimmen, neue Initiativen anzusto-ßen, allein das wird jenseits aller finanzieller Aspekte ein riesiger Gewinn für Berlin sein. Wenn uns das gelingt, werden wir völlig neue Prozesse in der lebenswissen-schaftlichen Forschung anstoßen können, und – auch das ist mir wichtig – wir werden wirtschaftliche Effekte di-rekt und indirekt erzielen, von denen Berlin heute und in den nächsten Jahrzehnten profitieren wird.

Unser Ziel ist es, die Kooperation dafür zu nutzen, eine neue Qualität zu erreichen. Für Berlin kann und wird die Beteiligung des Bundes keine Sparbüchse sein. Wir wol-len die Kooperation, um zusätzliche Mittel zu mobilisie-ren und nicht, um den Berliner Haushalt zu sanieren. Wir wollen, dass der Einstieg des Bundes eben nicht zum Ausstieg des Landes wird. Wir gehen die Verpflichtung ein, dass wir das, was wir heute für die Charité tun, auch in den kommenden Jahren tun werden, denn sonst – das kann ich mir gar nicht anders vorstellen – wird der Bund auch nicht bereit sein, hier einzusteigen.

Viele Aspekte sind noch offen. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir, sobald die neue Regierung steht, mit dem Bund besprechen müssen, wie eine solche Konstruktion aussehen kann. Dabei sind aber schon heute zwei Sachen klar. Erstens: Berlin wird seiner Verantwor-tung auch in den übrigen Bereichen der Exzellenzforschung gerecht werden müssen – und zwar über die Lauf-zeit der Exzellenzinitiative hinaus. Hier bedarf es eines klaren Commitments des Landes, dass das, was in Berlin in den letzten Jahre gefördert wurde, was im Bereich der Exzellenzwissenschaft entstanden ist, vom Land auch nach Ende der Exzellenzinitiative im Jahr 2017 weiter gefördert und genutzt wird.
Zweitens: Es kann nicht um eine Berliner Speziallösung gehen. Wir diskutieren ein Pilotvorhaben, keine Insellösung. Ein Pilotvorhaben, wie künftig das Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern in der Exzellenzforschung aussehen kann, wie dort Finanzströme organisiert werden. Es wird neben Berlin weitere Standorte geben müssen, an denen der Bund sich beteiligt.
Wir werden den Schulterschluss mit allen anderen Bundesländern suchen müssen, damit diese große Chance, von der wir heute sprechen, Wirklichkeit wird.

Angesichts der offenen Fragen ist heute kein Tag, an dem wir in Triumphgeheul ausbrechen sollten. Es ist sicher-lich auch kein Tag, diesen absehbaren Erfolg, dieses vorsichtige Licht am Ende eines noch zu gehenden Weges parteipolitisch zu vereinnahmen. Wir haben im Wahlkampf stets betont, dass die Charité kein Thema für den Wahlkampf, sondern ein Thema für die Stadt ist. Deshalb sollte die Kooperation mit dem Bund kein Thema für eine Partei oder eine Koalition, sondern für das ganze Haus sein. Es kann nämlich nur gelingen, wenn das Haus sich weitgehend einig ist, wenn Berlin sich einig ist, wenn es eine Einigung zwischen Exekutive und Legisla-tive gibt – ansonsten wird das nichts.
Es gibt viele Akteure, die wir auf diesen Weg mitnehmen müssen. Neben den anderen Bundesländern denke ich z. B. auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie an die Studierenden.

Dass wir heute so konkret über eine denkbare Kooperation zwischen MDC und Charité sowie einen Einstieg des Bundes in die Charité sprechen können, ist für mich eng mit dem Namen Jürgen Zöllner verbunden. Er hat in den letzten Wochen und Monaten in diskreten Gesprächen daran gearbeitet, mit dem Bund eine gemeinsame Basis zu schaffen. Wie wir heute wissen, ist diese Basis der Ausgangspunkt für die Arbeit der nächsten Wochen. Ich möchte Jürgen Zöllner dafür ausdrücklich danken.


[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Das ist so ziemlich die letzte Plenarsitzung des Senators Jürgen Zöllner, und so möchte ich die Gelegenheit nutzen, Jürgen Zöllner im Namen der gesamten SPD-Fraktion zu danken, und zwar zu danken für seinen un-glaublichen Einsatz in dem Riesenressort als Wissenschafts- und Bildungssenator. Ich möchte ihm danken für seine Hartnäckigkeit und seine Gelassenheit in der oft sehr aufgeregten Betriebsamkeit dieses Politikfeldes und vor allem für seinen kreativen Pragmatismus. Ich glaube, es ist dieser kreative Pragmatismus, der vieles möglich gemacht hat, was wir vor fünf Jahren noch für unmöglich gehalten haben. Ich möchte mich aber auch ganz persönlich bei dir bedanken, lieber Jürgen, denn die Zusammenarbeit in den letzten Jahren hat mir vieles gebracht – ich habe viel gelernt –, und sie hat sich dadurch ausgezeichnet, dass sie immer fair war. Sie war immer auf Augenhöhe, und sie war immer von der Sache geleitet. So viel habe ich auch als noch recht junger Abgeordneter schon gelernt: Das ist im Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative leider nicht immer der Fall. Mir haben die letzten Jahre Spaß gemacht, auch wenn sie manchmal – na ja, eigentlich fast immer – anstrengend waren. Aber ich glaube, die An-strengungen haben sich gelohnt. Das sieht man auch am heutigen Thema. Ich freue mich sehr, dass du, lieber Jürgen, Berlin verbunden bleiben wirst, und sage noch einmal: vielen Dank!


[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Özcan Mutlu (GRÜNE)]

Gesamtes Plenarprotokoll

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