Debatte über die Schulstruktur in Berlin

Bildungsausschuss diskutiert zweigliedriges Schulsystem

Kaum eine politische Debatte wird in Berlin seit Jahrzehnten mit so vielen Emotionen und Leidenschaft geführt, wie die Frage der künftigen Schulstruktur. Die SPD geführte Koalition hat diese Diskussion mit der Einführung der Gemeinschaftsschule zusätzlich befeuert und auch die Oppositionsparteien haben mittlerweile ihre Programmatik in der Frage weiterentwickelt. Von Seiten der FDP wird die Einführung einer Bürgerschule gefordert, die Grünen schwanken noch zwischen einem Gemeinschaftsschulmodell und einem zweigliedrigen Schulsystem, während die CDU sich klar für die Zweigliedrigkeit aus Gymnasium und einer weiteren Schulart ausgesprochen hat.

Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich der Bildungsausschuss in seiner Sitzung am 3. April 2008 im Rahmen einer Anhörung mit dem Modell eines zweigliedrigen Schulsystems. Als Experten waren Dr. Dieter Wunder, ehemaliger Schulleiter einer Hamburger Gesamtschule und Mitglied der Enquetekommission der Hamburger Bürgerschaft zur Zukunft der Schulstruktur, und Lothar Sack, ehemaliger Leiter der Fritz-Karsen-Gesamtschule, geladen.

Dieter Wunder erläuterte das Ergebnis der Hamburger Enquetekommission, die sich für ein zweigliedriges Schulsystem, bestehend aus Gymnasium und Stadtteilschule, ausgesprochen hatte. Eingangs erläuterte er, dass er ein Anhänger der Gemeinschaftsschule als ersetzende Schulform, d.h. als alleinige Regelschule, sei, er jedoch aus Gründen der politischen Durchsetzbarkeit für ein zweigliedriges Schulsystem plädiere. Konkret sieht das Modell der Hamburger Enquetekommission die Einrichtung einer Stadtteilschule vor, die alle Schulformen außer dem Gymnasium ersetzen, jedoch ebenfalls zum Abitur führen soll. Die beiden Schulformen unterscheiden sich vor allem im Weg zum Abitur und den Unterrichtsformen und den Unterrichtsschwerpunkten. Während die Stadtteilschule ähnlich einer Gesamtschule arbeiten soll, soll das Gymnasium die Schüler auf eine wissenschaftliche Ausbildung vorbereiten.

In der Diskussion wurde deutlich, dass sich die in Hamburg geplante Stadtteilschule und die Berliner Gemeinschaftsschule in vielen Punkten gleichen. Der Unterschied besteht darin, dass in Berlin die Gemeinschaftsschule zunächst behutsam im Rahmen einer Pilotphase eingeführt und erprobt wird, während die Stadtteilschule nach dem Vorschlag der Kommission ab 2009 flächendeckend in Hamburg eingeführt werden soll. Langfristig betrachtet unterscheiden sich beide Modelle vor allem hinsichtlich der Zukunft des Gymnasiums. Während in Hamburg das Gymnasium auf jeden Fall erhalten bleiben soll, wird in Berlin die Möglichkeit diskutiert, langfristig die Gemeinschaftsschule als alleinige Schulform einzuführen.

Trotz der vielen verbindenden Elemente beider diskutierten Schulformen stand bei der Diskussion im Bildungsausschuss das Trennende im Vordergrund. Die Oppositionsparteien kritisierten in gewohnt heftiger Art und Weise und mit den bekannten ideologisch gefärbten Argumenten die Pilotphase der Gemeinschaftsschule. Die Koalitionsfraktionen betonten, dass an dem Ziel, die integrativen Elemente in der Berliner Schule zu stärken und die soziale Selektion des Bildungssystems abzubauen, festgehalten werde.

Festzuhalten bleibt, dass trotz aller Unterschiede über alle Parteigrenzen hinweg die Notwendigkeit gesehen wird, das verkrustete dreigliedrige Schulsystem aufzubrechen. Der Weg der Koalition dies zu tun ist die Einführung der Gemeinschaftsschule. Damit wird nicht nur eine neue Schulart eingeführt, sondern Veränderungsprozess angestoßen, der sich auch auf die Berliner Gymnasien, Real- und Hauptschulen auswirken wird.

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