Die Situation der Lehrbeauftragten an den Berliner Hochschulen bleibt problematisch
13.02.2014: Die Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage zeigt Entwicklung der letzten Jahre.
An den Universitäten, Fachhochschulen und künstlerischen Hochschulen des Landes Berlins wird ein großer Teil der Lehre nach wie vor von nicht angestellten Lehrbeauftragten gestemmt. In sehr vielen Fällen befinden diese hoch qualifizierten Menschen in äußerst prekären Arbeitsverhältnissen und erhalten von den Hochschulen nur eine geringe Vergütung für ihre Leistung. Dies geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage hervor (das ausführliche Dokument finden Sie unten auf dieser Seite). Angesichts der immensen Bedeutung der Lehre für die Qualität der Hochschulbildung und für die Ausbildung von Fachkräften ist dieser Befund problematisch. Für gute Lehre braucht es auch gute Arbeitsbedingungen, faire Vergütung und verlässliche Perspektiven. Die Zahlen zeigen, dass wir mehr tun müssen, um gute Arbeit auch im Hochschulbereich zu etablieren. Auch die Hochschulen sind gefordert, besser zu dokumentieren, wen sie zu welchen Bedingungen für Lehraufträge engagieren. Unter anderem die fast komplett fehlenden Angaben der Technischen Universität Berlin (TU) verdeutlichen, dass der Frage nach fairen Arbeitsbedingungen noch nicht überall der angemessene Stellenwert zugeschrieben wird.
Ein Blick in die Zahlen zeigt, dass es an den Berliner Hochschulen momentan mindestens 4012 Lehrbeauftragte gibt. Rechnet man die letzten verfügbaren Angaben der Humboldt-Universität (HU) und der TU hinzu, beträgt die Anzahl sogar über 5.000. Im Vergleich zu 2008 bedeutet das einen geringfügigen Anstieg, der vor dem Hintergrund der ebenfalls gestiegenen Studierendenzahlen zu sehen ist. An der Freien Universität (FU) erbringen Lehrbeauftragte zehn, an der HU etwa 15 und an der TU 17 Prozent des gesamten Regellehrdeputats. An den Fachhochschulen und künstlerischen Hochschulen beträgt der Anteil der Lehrbeauftragten am gesamten Lehraufwand sogar zwischen 30 und knapp unter 50 Prozent. Auch zeigt sich, dass an FU und HU Lehraufträge einen dreimal so hohen Anteil an der gesamten Lehre in Sprach- und Kulturwissenschaften, sowie den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ausmachen, wie in naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen. Besonders üblich ist diese Form der Lehre an den Sprachenzentren: An HU und FU werden dort 38 beziehungsweise 37 Prozent des Regellehrdeputats durch Lehrbeauftragte abgedeckt, an der Hochschule für Technik und Wirtschaft und der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) sind es sogar 47 beziehungsweise 73 Prozent.
Dies zeigt, dass Lehrbeauftragte eine wichtige Säule der Berliner Hochschullehre sind. Ihre Arbeitsbedingungen werden dieser Bedeutung jedoch nicht gerecht: Vor allem an FU und HU gibt es zahlreiche nicht vergütete Lehraufträge. Dazu kommt, dass an fast allen Berliner Hochschulen (außer Charité, Beuth Hochschule für Technik und ASH) eine Mehrheit der Lehraufträge in einem geringen Bereich von unter 30 Euro pro Stunde vergütet wird. Gleichzeitig sind mindestens 2056 der Lehrbeauftragten schon seit über vier Semestern an den Hochschulen tätig – das ist fast die Hälfte. Zu der Frage, wie viele Personen neben ihrer Lehrtätigkeit aktuell in keinem hauptberuflichen Arbeits- oder Dienstverhältnis innerhalb oder außerhalb der Hochschule stehen, haben die Hochschulen nur sehr wenige Angaben gemacht. Die Zahlen der FU zeigen, dass sich mindestens 18 Prozent der Lehrbeauftragten keine weitere Tätigkeit ausüben. An der Universität der Künste (UdK) könnten es sogar mehr als zwei Drittel sein.
Obwohl die Erkenntnisse lückenhaft sind, gibt es klare Indizien dafür, dass ein großer Teil der Lehrbeauftragten an den Berliner Hochschulen unzureichend entlohnt wird, schon seit mehr als zwei Jahren den Status eines/r Lehrbeauftragten innehat, oder nicht über Absicherung durch anderweitige Vollzeitbeschäftigung verfügt. Vor allem dort, wo mehrere dieser Faktoren zusammenkommen, können hochgradig prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse die Folge sein. Dies steht in auffälligem Gegensatz zu dem wichtigen Beitrag zur Hochschullehre, der von ebendiesen Personen erbracht wird. Die Politik ist hier weiter in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Auch die Hochschulen sind jedoch dringend gefordert, ihrer Verantwortung für ein hochwertiges Lehrangebot und für gute Arbeitsbedingungen nachzukommen.