Rechtsexperte: Volksentscheid ist Augenwischerei der CDU

06.02.2008: Kritik an einem weiteren Flugbetrieb auf dem Flughafen Tempelhof und der Kampagne der CDU

Der Berliner Verfassungsrechtler Christian Pestalozza hat der CDU im Zusammenhang mit dem Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof "Augenwischerei" vorgeworfen. "In dem gesamten Verfahren steckt ein grober Zuständigkeitsfehler", sagte der Experte der Freien Universität Berlin in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Selbst wenn der Volksentscheid positiv ausfällt, heißt das nur, dass sich das Abgeordnetenhaus mit dem Fall beschäftigen muss - entscheiden kann es aber nichts, denn dafür ist der Senat zuständig." Das hätten die Befürworter des Entscheids wie die CDU wissen müssen.

Die Berliner werden in den nächsten Monaten zur Abstimmung über den geschichtsträchtigen Flughafen Tempelhof aufgerufen. Wie der Landeswahlleiter mitteilte, wurden beim Volksbegehren für den Erhalt Tempelhofs 177 952 Unterschriften abgegeben und damit die notwendige Zustimmung erreicht. Ein Termin für den Entscheid steht noch nicht fest.

"Der Volksentscheid ist ein rechtlich ganz abwegiges Unterfangen", erklärte Pestalozza. So könnten nach der Berliner Verfassung Volksentscheide nur zu Themen durchgeführt werden, die in die Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses fallen. Der Flughafen Tempelhof falle jedoch unter das Luftverkehrsgesetz und damit in die Zuständigkeit des Senats. "Der Volksentscheid hätte eigentlich gar nicht zugelassen werden müssen", so Pestalozza. Der Senat habe damit wohl "seinen guten Willen" zeigen wollen.

Nun könnte das Abgeordnetenhaus den Senat lediglich bitten, über den Flughafen noch einmal zu diskutieren. "Das wird aber nichts bringen, denn selbst wenn der Senat seinen Beschluss zu Schließung zurücknehmen würde, gefährdet er den Ausbau des Flughafens in Schönefeld", betonte Pestalozza. Denn laut dem Planfeststellungsbescheid kann Schönefeld nur ausgebaut geöffnet werden, wenn die Flughäfen in Tegel und Tempelhof geschlossen werden.

Der Rechtswissenschaftler griff die Befürworter des Flughafens Tempelhof als "hinterwäldlerisch" an. "Mit der Idee fällt man ins vergangene Jahrhundert zurück", sagte Pestalozza. "Wegen des Lärms und der Umweltbelastung versucht man doch heute, Flughäfen außerhalb von Städten zu legen." Die Offenhaltung Tempelhofs würde dagegen eine enorme Belastung der zahlreichen Anwohner bedeuten.

"Man kann den Flughafen aus nostalgischen Gründen auch ehren, wenn er nicht mehr in Betrieb ist", fand der Rechtsexperte. "Es ist aber ein Wahnsinn zu versuchen, mehr als eine halbe Million Menschen für einen Volksentscheid zu mobilisieren, wenn das von Anfang an aus rechtlichen Gründen gar keine Aussicht auf Erfolg hat."

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