AUS DEM TAGESSPIEGEL: Pädagogen übergeben Nikolaussack voller Wünsche an Finanzsenator

Beim Lehrerstreik machen auch am Donnerstag rund 2000 Pädagogen mit. Bei der Kundgebung vor der Finanzverwaltung in Mitte sind es nach Gewerkschaftsangaben fast 3000 Teilnehmer. Es gibt erste Anzeichen, dass in die festgefahrene Situation Bewegung kommt.

Rund 2500 Teilnehmer sind nach Angaben der Gewerkschaft gegen 12 Uhr zur Klosterstraße gekommen, um vor dem Sitz des Finanzsenators ihren Unmut zu zeigen. Auch einige hundert Verdi-Mitglieder aus dem Einzelhandel haben sich dem Demonstrationszug angeschlossen. Nach Angaben der Bildungsverwaltung haben die Schulen bis zum Mittag 1.859 angestellte Lehrkräfte gemeldet, die sich an dem Warnstreik beteiligt haben, 418 Schulen waren betroffen.

Kalt und windig ist es, und ein bisschen Vorweihnachtsstimmung kommt auf. Tee und Glühwein werden ausgeschenkt, viele der streikenden Lehrer tragen Nikolausmützen. Einer, der dazu auch noch die passende Kutte trägt, steht auf der Bühne und sammelt die Wünsche der Lehrer in einen Jutesack.

Den übergeben sie später dem Finanzsenator. Von Streikmüdigkeit ist bei vielen Teilnehmern nichts zu spüren. "Ich bin schon seit dem ersten Streik im Dezember 2012 dabei", sagt zum Beispiel Judith Kastner, Berufsschullehrerin in Friedrichshain. Um eine Verbeamtung gehe es ihr nicht, weil sie glaube, dass das auch zu einer geringeren Motivation führen könne. "Aber durch die geringere Bezahlung und schlechteren Bedingungen werden momentan die angestellten Lehrer demotiviert." Auch Gesa Major, Lehrerin an einer Förderschule in Spandau, war schon oft bei den Streiks dabei. "Mir geht es auch darum, dass die älteren Lehrkräfte entlastet werden. Und ich will mehr Personal, damit die Inklusion gelingen kann", sagt sie.

Durch den Streik fällt der Unterricht an vielen Schulen wiederholt aus. Florian Bublys von der Lehrerinitiative "Bildet Berlin" stand schon am frühen Morgen vor dem Gymnasium am Tiergarten, gemeinsam mit 15 weiteren angestellten Lehrern. Einige Kollegen waren schon gestern hier, heute arbeiten sie wieder. "Es ist das alte Dilemma, jetzt werden viele Arbeiten geschrieben. Die Kollegen finden den Streik wichtig, fühlen sich aber auch genauso verantwortlich für ihre Schüler", sagt Bublys.

Um neun Uhr kommt der Berliner SPD-Abgeordnete Lars Oberg am Gymnasium an. Wie sein Fraktionskollege Ilkin Özisik am Vortag sucht er das Gespräch mit den streikenden Lehrern. Eine halbe Stunde harrt er gemeinsam mit den Lehrern in der Kälte vor der Schule aus, dann verlagern sie ihr Gespräch ins Lehrerzimmer. "Wir diskutieren hier intensiv", sagt Oberg. Es geht, mal wieder, darum, wer für die geforderten Tarifverhandlungen zuständig sei. "Ich denke, dass das auf der Ebene der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) passieren muss, aber diese Meinung kommt hier nicht so gut an", so Oberg. Er setze sich aber ebenso wie Özisik dafür ein, dass es auch auf Senatsebene bald zu einem Gespräch mit den Lehrern kommt. Dabei könne es um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen unterhalb der Tarifebene gehen. Florian Bublys hält es "für ein positives Signal, dass es jetzt immerhin zu Gesprächen kommt - mit Oberg und Özisik und auch auf TdL-Ebene." Allerdings würden seiner Meinung nach auch Verhandlungen mit der TdL darauf hinauslaufen, dass es schließlich Tarifregelungen auf Länderebene geben müsse.

An mehreren Orten in der Stadt haben sich die streikenden Lehrer an zentralen Treffpunkten versammelt. In Kreuzberg finden sich die Pädagogen der umliegenden Schulen zum Streikfrühstück im Nachbarschaftshaus in der Urbanstraße ein, in Neukölln treffen sich die streikenden Lehrer im Café Laika in der Emser Straße. Gegen 9 Uhr sind rund 50 Pädagogen dort, sagte GEW-Sprecher Tom Erdmann.

Schon am Mittwoch hatten rund 2000 angestellte Lehrer ihre Arbeit niedergelegt, um für bessere Arbeitsbedingungen und eine tarifliche Eingruppierung zu demonstrieren. Bei nasskaltem Wetter zogen sie über Kleiststraße und Zoo zum Ernst-Reuter-Platz, der für den Verkehr gesperrt werden musste. Erstmals solidarisierte sich auch ein Vertreter der rot-schwarzen Berliner Regierungskoalition mit den Streikenden, indem er ihnen am Morgen einen Besuch abstattete.

„Der Senat muss sich mit den Lehrern an einen Tisch setzen und ergebnisoffen über bessere Bedingungen verhandeln“, positionierte sich der bildungspolitische SPD-Sprecher Ilkin Özisik gegenüber den streikenden Lehrern am Gymnasium Tiergarten. Er sei gekommen, weil „Lohngerechtigkeit ein ursozialdemokratisches Anliegen“ sei. Özisik nannte es „unverantwortlich, dass jeder den Ball wegschießt“, anstatt an den Verhandlungstisch zu kommen. Anders als die GEW geht Özisik allerdings nicht davon aus, dass der Senat über eine tarifliche Eingruppierung der angestellten Lehrer verhandeln kann. Das sei Sache des Bundes. Es könne aber über andere Verbesserungen wie eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung gesprochen werden. Nach einem Jahr mit bisher 17 Streiktagen .

  • Der Tagesspiegel
  • Seite bei Twitter teilen
  • Seite bei Facebook teilen
  • Seite bei Google bookmarken
  • Seite bei Live bookmarken

YouTube-Kanal von Lars Oberg

Loading...
Suchmaschinenoptimierung mit Ranking-Hits