AUS DER BERLINER MORGENPOST: Berlins Bezirke sollen 25 Millionen Euro mehr bekommen
Berlins zwölf Bezirke sollen mehr Geld erhalten, als ihnen bisher im Haushaltsplanentwurf zugestanden wird. Die Ansätze sollen um 25 Millionen Euro erhöht werden, kündigte SPD-Fraktionschef Saleh an.
Wenn Berlins Abgeordnete aus den Sommerferien zurückkehren, müssen sie erst mal ein dickes Konvolut von Zahlen durchforsten. Im Parlament beginnen im August die Beratungen über den Doppelhaushalt 2014/2015. Was der Senat in den nächsten beiden Jahren plant, können die Fachpolitiker im Entwurf der Landesregierung nachlesen, der dem Abgeordnetenhaus in Kürze zugehen wird. Bis zum Jahresende sollen die Volksvertreter dann Zeit haben, ihre eigenen Akzente zu setzen und die Senatsvorgaben zu korrigieren, getreu dem Motto, dass kein Gesetzentwurf so aus dem Parlament herauskommt, wie er hineingegangen ist.
Besonders die Bezirke dürfen sich freuen, in den Abgeordneten beider Regierungsfraktionen so eine gute Lobby zu haben. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) hält es in seinem Entwurf für angemessen, das Budget der zwölf Rathäuser um 25 Millionen Euro zu beschneiden. Nußbaum verweist auf die Überschüsse von fast 58 Millionen Euro, die alle Bezirke zusammen im vergangenen Jahr erwirtschaften konnten. Daraus leitet er den Schluss ab, dass Berlins zweite Verwaltungsebene genug Geld zur Verfügung habe.
Eine Lobby für die Bezirke
Die Fraktionen wollen die Bezirke auf dem bisherigen Stand finanzieren. Dort werde die eigentliche Arbeit für die Bürger gemacht, in Jugendämtern, Gesundheitsdiensten oder Bürgerämtern, argumentiert SPD-Fraktionschef Raed Saleh. "Da sollte es nach unserer Ansicht keine Kürzungen geben." Die 25 Millionen Euro, die den Bezirken fehlen, "müssten dann noch mal drauf".
Berlins zwölf Bezirke dürfen laut dem noch geltenden Etatplan für 2013 insgesamt 7,2 Milliarden Euro ausgeben. Angesichts dieser Dimension klingen die 25Millionen Euro mehr oder weniger zunächst wie eine kaum relevante Größe. Die Ausgaben der Bezirke bestehen jedoch zur Hälfte aus Sozialausgaben, die die Rathäuser nur durchreichen und die sie wegen der bundesweit geltenden Regelungen nur schwer beeinflussen können. Ähnlich sind die Voraussetzungen bei dem weiteren Viertel des Gesamtbudgets, das in die Jugendhilfe fließt. Auch hier sind viele Leistungen und die individuellen Ansprüche, etwa auf Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft oder den Einsatz eines Familienhelfers, gesetzlich vorgeschrieben.
Für ihre Bürgerämter geben die Bezirke hingegen zusammen nur 42 Millionen Euro aus, für die Grünflächen 33 Millionen. In Relation zu diesen eigentlichen Bezirksaufgaben sind 25 Millionen dann doch wieder eine relevante Summe. Der SPD-Fraktionsvorsitzende möchte der Diskussion unter den Parlamentariern über weitere mögliche Akzente nicht vorgreifen. Klar sei aber, dass zusätzliche Wünsche nicht immer erfüllt werden könnten. Er gehe davon aus, dass sie innerhalb der SPD-Fraktion und dann mit dem Koalitionspartner CDU "mehrere Änderungswünsche und die dazugehörenden Finanzierungsvorschläge" diskutieren werden, sagte Saleh. "Die Möglichkeiten sind aber begrenzt, weil das Geld begrenzt ist. Wer etwas draufsatteln will, muss sagen, wo er es hernehmen möchte", so der SPD-Mann.
Der Zuschlag für die Bezirke müsse aus dem gesamten Haushalt finanziert werden und nicht aus dem Einzelbudget eines bestimmten Ressorts, wie das bei fachpolitischen Änderungswünschen gemacht wird. Die Bezirksfinanzen ließen sich nicht einem Ressort zuordnen.
Kolats Budget soll kräftig gekürzt werden
Debatten dürfte es vor allem in der SPD-Fraktion um die Kürzungen im Etat der SPD-Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat geben. Ihr Budget soll laut Senatsentwurf um 20 Millionen Euro im Jahr 2014 und noch einmal um weitere sieben Millionen 2015 schrumpfen. Vor allem in der Förderung von Arbeitslosen, mit der Kolat bisher die Programme der Jobcenter und Arbeitsagenturen ergänzte, dürfte es Einschnitte geben. Es gilt als gut möglich, dass die SPD-Fachpolitiker hier Korrekturen verlangen, zumal im Bundestagswahlkampf, in dem sich die SPD als soziale Kraft positionieren möchte. Kolat hat aber ein Argumentationsproblem, weil es ihr nicht gelang, 30 Millionen Euro EU-Fördergeld auszugeben. Eine Summe, die den Kürzungen entspricht.
Debatten dürfte es auch um die Kürzungen bei der Einstein-Stiftung geben, die Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zuließ, um ihren ansonsten wachsenden Gesamtetat zu retten. Denn anders als die Hochschulen, Kitas und Schulen, die mehr Geld bekommen, muss die Stiftung mit drastischen Einschnitten leben. Von 12,5Millionen soll der Zuschuss auf nur noch 2,5 Millionen Euro sinken.
Damit könnte die Stiftung keine neuen Berufungen für Professoren mehr unterstützen, keine neuen Förderanträge mehr annehmen oder Spitzenforscher zu Berlin-Aufenthalten einladen. SPD-Wissenschaftsexperte Lars Oberg hat nach Protesten von Wissenschaftlern bereits Diskussionsbedarf angemeldet.
Im Parlament gab es zuletzt auch Stimmen, die mehr Geld für die Sportförderung und Investitionszuschüsse für den Tierpark forderten. Ob diese Initiativen fruchten, ist jedoch zweifelhaft. Bessere Aussichten hat der Wunsch, die vom Senat auf sieben Millionen Euro gekürzten Investitionsmittel für den Ausbau des Flughafenareals in Tegel zu einem Wirtschafts- und Wissenschaftszentrum doch aufzustocken. Und der Zugriff des Finanzsenators auf die Reserven einiger Landesunternehmen, was rund 50 Millionen Euro bringen soll, wird von den Parlamentariern noch einmal genau überprüft werden.
- Berliner Morgenpost